Brainwriting

Veröffentlicht 9. Juni 2022

von Wiebke Schubert

Reden ist Silber, schreiben ist Gold – Brainwriting sorgt für bessere Ideen

Ein Kunde hat ein neues Projekt eingebrieft – es geht darum, eine Kampagne zu entwerfen. Also müssen ein paar kreative Ideen her. Einige Teammitglieder versammeln sich, um gemeinsam auf dem Thema rumzudenken und Ideen zu sammeln. Sie brainstormen.

Brainstorming ist eine beliebte und oft eingesetzte Methode, um in der Gruppe Probleme zu lösen oder Ideen zu generieren. Verschiedene Personen bringen unterschiedliches Wissen mit und können daraus etwas Neues entstehen lassen. Das gemeinsame Arbeiten an einem Thema soll einen „Sturm in den Gehirnen“ der Teilnehmenden auslösen und so zu einer herausragenden Idee führen. Die Methode geht auf Alex F. Osborn zurück, der diese 1942 in seinem Buch „How To Think Up“ vorstellte. Seitdem findet die Idee viel Anklang.

Es gibt jedoch seit über 60 Jahren Studien, welche die Effektivität und den Nutzen anzweifeln. Unter anderem die Studie von Brian Mullen, Craig Johnson und Eduardo Salas aus dem Jahr 1991: „Productivity Loss in Brainstorming Groups: A Meta-Analytic Integration“. In der Studie stellte sich heraus, dass Gruppen, die Brainstorming angewendet haben, zu weniger Ideen und weniger guten Einfällen kamen als Gruppen, in denen die Teilnehmenden einzeln arbeiteten.

Warum Brainstorming nicht funktioniert

Die Grundidee von Osborn war, dass Brainstorming einen kritikfreien und offenen Austausch zulässt. Dies funktioniert jedoch nicht, wenn es Konflikte oder Konkurrenzgefühle in der Gruppe gibt. Und das kommt häufiger vor, als man denkt. Zudem soll beim Brainstorming immer nur eine Person sprechen. Dadurch blockiert sich die Gruppe gegenseitig. Das Vorgehen verhindert den freien Fluss von Ideen. Denn jede:r muss seine Idee im Kopf behalten, bis er:sie an der Reihe ist. Währenddessen ist man nicht aufnahmefähig für die Gedanken anderer.

Darüber hinaus haben extrovertierte Menschen einen Vorteil. Sie können ihre Ideen in der Gruppe besser äußern als Introvertierte. Gegebenenfalls sprechen nur die Extrovertierten und die Introvertierten halten sich zurück. So gehen deren Ideen verloren.

Ein weiteres Phänomen ist das sogenannte soziale Faulenzen. Teilnehmende tendieren dazu, sich in einer Gruppe weniger anzustrengen. Frei nach dem Motto: Irgendjemand wird schon eine gute Idee haben. Die Motivation, eigene Ideen beizutragen, sinkt also, anstatt zu steigen. Das wirkt sich beim Brainstorming auf Quantität und Qualität der Ideen aus. Und schließlich: Idealerweise inspiriert man sich beim Brainstorming. Allerdings gibt jede Idee, die geäußert wird, eine Richtung vor. Das beeinflusst die Gruppe, denn so werden gegebenenfalls nicht alle Ideen genannt.

Alternative: Brainwriting

Um zu besseren und kreativeren Lösungen zu gelangen, ist es sinnvoll, die Teilnehmenden einer Gruppe zunächst allein arbeiten zu lassen. Eine gute Alternative zu Brainstorming, die genau das berücksichtigt, ist Brainwriting. Diese Methode wirkt gezielt den kritischen Aspekten von Brainstorming entgegen.

Alle können sich in Ruhe Gedanken machen und ihre Ideen allein auf Post-its aufschreiben. Dies passiert innerhalb einer vorgegebenen Zeit. Anschließend werden die Post-its gesammelt und an ein Board geklebt. So sind sämtliche Ideen für alle Anwesenden sichtbar. Ähnliche Aspekte werden geclustert. Gemeinsam kann die Gruppe die Ideen weiterdenken, neue hinzufügen oder vorhandene aussortieren. Bei der Bewertung der Ideen kann ebenfalls jede:r für sich arbeiten: Jede Person vergibt beispielsweise Klebepunkte für seine drei Favoriten.

Diese Vorgehensweise lässt alle zu Wort kommen und die Teilnehmenden beeinflussen sich nicht von vornherein. Niemand muss befürchten, für seine Ideen kritisiert zu werden. Auch sozialem Faulenzen wird vorgebeugt. Die negativen Effekte der Gruppendynamik fallen weg. Es entstehen mehr und bessere Lösungen. Generell gilt natürlich: Fragestellung und Ziel müssen klar formuliert sein. Nur so wird ein gutes, brauchbares Ergebnis erreicht.

Brainwriting ist auch online gut umsetzbar. Tools wie beispielsweise Miro oder Mural ermöglichen mehreren Personen, gleichzeitig auf einem Board zu arbeiten und ihre Ideen niederzuschreiben.


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Wiebke Schubert freut sich, von dir zu hören: w.schubert@neusta.de

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