Veröffentlicht 25. Mai 2022
von Wiebke Schubert
Knowledge4Retail – KI im stationären Einzelhandel
team neusta ist Konsortialführer beim Forschungsprojekt Knowledge4Retail (K4R). Was Knowledge4Retail ist, wer daran mitarbeitet und welche Ergebnisse angestrebt werden, erfahrt ihr im Interview. Die beiden Projektverantwortlichen Luisa Strelow und Andreas Wulfes stehen Rede und Antwort.
Kurz und knapp: Was ist Knowledge4Retail genau?
Luisa: Bei Knowlege4Retail arbeiten wir an einer Open-Source-Plattform. Das Forschungsprojekt hat eine Laufzeit von drei Jahren – aktuell sind wir im dritten Projektjahr, befinden uns also im Endspurt.
Andreas: Knowledge4Retail wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Unser Ziel ist es, Künstliche Intelligenz einzusetzen, um Verbesserungen für den Handel herbeizuführen.
Wo liegen die Herausforderungen beim Projekt?
Luisa: Zum einen arbeiten wir in einem sehr großen Konsortium. Daraus ergibt sich ein hoher Abstimmungsaufwand unter den Partnern. Zum anderen tauschen wir uns mit verschiedenen Einzelhändlern aus, die jeweils andere Anforderungen haben – insbesondere an die Systeme. Das macht die Prozesse relativ komplex.
Andreas: Ich würde hier ergänzen wollen, dass wir ein Verbund aus Forschung, Softwarehäusern und den eigentlichen Anwenderunternehmen sind. Wir probieren, „State of the Art-Forschung“ einfließen zu lassen – und das gemeinsam mit 14 Partnern. K4R ist ein Innovationsprojekt und kein Projekt, wo am Anfang schon alles kleinteilig ausdefiniert ist. Es hat Forschungs- und Entwicklungsanteile, die es zu koordinieren gilt und deren Ausgang teilweise nicht klar vorhersehbar ist.
Wie geht ihr mit den Herausforderungen um?
Luisa: Wir haben viele Regeltermine, um uns abzustimmen und auszutauschen. Den Zeitaufwand dafür muss man in den Projektscope einplanen. Allgemein ist eine gute und regelmäßige Kommunikation wichtig.
Andreas: Unsere Partner sind alle hochmotiviert und zeigen hohes Eigenengagement. Wir arbeiten gemeinsam daran, dass für uns alle das bestmögliche Ergebnis am Ende herauskommt. Mir persönlich macht es Spaß, an K4R mitzuarbeiten. Ich finde es toll, dass team neusta solch ein Projekt mit initiiert. Dafür muss man Mut haben, zu investieren. Das macht nicht jedes Unternehmen und das wiederrum motiviert doppelt so stark.
Welche Partner arbeiten am Projekt mit?
Luisa: Wir sind ein großes Konsortium, das sich aus 12 Partnern und drei assoziierten Partnern zusammensetzt. Forschungsseitig sind zum Beispiel die Uni Bremen, die TU München, die TU Wien, das DFKI, Fortiss, das EHI und das Frauenhofer Institut beteiligt. Im Bereich Einzelhandel sind dm, dmTECH und Rewe Digital dabei. Weitere Partner sind: Nagarro, TeamViewer, MetraLabs und Ubica. team neusta ist als Konsortialführer dabei.
Welche Vorteile ergeben sich aus der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie?
Andreas: Unsere Praxispartner suchen Lösungen, die reell einsetzbar sind. Sie wollen Erkenntnisse, die sie praktisch anwenden können. Auf der anderen Seite stehen unsere Forschungspartner, die aus der theoretischen Ecke kommen und die wissenschaftliche Grundlage liefern. Wir als Projektkoordinatoren und Plattformentwickler sind im Grunde das Bindeglied, das versucht, die Praxisanforderungen gemeinsam mit den Forschungspartnern in eine Lösung zu gießen. Der Vorteil der Zusammenarbeit: Wir unterstützen die Forschungsprojekte so, dass genau das stattfindet. Das am Ende der Forschung etwas rauskommt, was sich praktisch einsetzen lässt.
Wie sehen die Anwendungsszenarien aus?
Luisa: Wir arbeiten an vier beispielhaften Anwendungsfällen: der intelligenten Intralogistik, dem strategischen Handelsmarketing, der Service-Robotik und an einem intelligenten Kühlschrank. Bei der intelligenten Intralogistik geht es beispielsweise darum, dass ca. 50 % der gesamten Logistikkosten in den Filialen selbst entstehen. Durch den digitalen Zwilling kennen wir den Filialaufbau und wissen, welches Produkt wo steht. So können wir zum Beispiel Laufwege für Prozesse wie Click and Collect optimieren.
Welche Verbesserungen wird es durch K4R im Einzelhandel geben?
Andreas: Nehmen wir mal an, Mitarbeitende in einer Filiale sparen beim Verräumen X-Prozent ihrer Arbeitszeit ein. Die Tätigkeit macht vielleicht auch nicht unbedingt allen Spaß. Denn viele Mitarbeitende sind Fachkräfte für Beratung und Verkauf, die auch Waren verräumen. Wenn wir die Zeiten fürs Verräumen verringern, bleibt schlicht mehr Zeit für die Beratung der Kunden. Das wird denen gefallen und den Mitarbeitenden auch.
Luisa: Ein anderer großer Punkt ist, dass durch die bessere Anpassung des Sortiments an die lokalen Kundenbedürfnisse der stationäre Einzelhandel an Attraktivität gewinnt.
Andreas: Sprich, durch bessere Insights und Analysen finden Kunden in ihrem lokalen Laden um die Ecke tatsächlich die Artikel, die sie suchen.
Welche Vorteile seht ihr im stationären Einzelhandel gegenüber dem Onlinehandel?
Andreas: Beides hat seine Vorzüge. Der Vorteil beim stationären Einkaufen ist, dass ich Artikel sehen, anfassen und ausprobieren kann. Dafür kann ich online zum Beispiel Sachen vormerken und bestelle sie, wenn es mal passt. Außerdem muss ich nicht extra losfahren, um etwas zu besorgen. Die Verquickung aus beiden Welten ist das, was aus meiner Sicht das Einkaufserlebnis für den Endkunden optimiert. Und genau das ist eine der Schnittstellen, an der wir mit unserem Projekt arbeiten.
Das Projekt läuft dieses Jahr aus – was möchtet ihr am Ende erreicht haben?
Luisa: Eine solide Open-Source-K4R-Plattform!
Andreas: Wir möchten nicht nur eine Software bauen. Unsere Vision ist, ein Ökosystem aus Nutzern und Anbietern zu etablieren, die das Thema KI im Handel weiterentwickeln und über das Projektende hinaus weiter tragen. Zum Vorteil aller Akteur, die daran teilhaben.
Zum Abschluss wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wie sieht das Einkaufserlebnis im Jahr 2030 im stationären Einzelhandel aus?
Luisa: Vieles ist automatisiert. Ich glaube, es wird ein stärker Fokus auf dem Kundenerlebnis liegen. Gerade in Supermärkten wird es mehr regionale Produkte geben. Und Standardeinkäufe lässt man sich nach Hause bringen. Das ist nachhaltiger, als wenn jeder einzeln einkaufen fährt.
Andreas: Ich denke, wir werden eine bequeme und bedarfsgerechte lokale Versorgung am Wohnort haben. Dafür gibt es ja bereits Konzepte, die wir als team neusta unterstützen. Zum Beispiel myEnso. Ein weiteres Thema sind die aktuell leeren Innenstädte – hier braucht es Nutzungskonzepte für den Wandel, der dort stattfindet. Wie Luisa bereits meinte, wird das Thema Nachhaltigkeit in Transport und lokaler Versorgung auf jeden Fall wichtiger werden. Ich glaube, es wird viele interessante Wandel in den nächsten Jahren geben.
Deine Expert:innen: Luisa Strelow arbeitet als Projektmanagerin bei team neusta. Bei Knowlege4retail übernimmt sie unter anderem die Erarbeitung von Berichten und managet die Konsortialtreffen.
Andreas Wulfes begleitet Knowledge4retail seit Beginn an als Projektkoordinator. Er unterstützt die beteiligten Partner:innen, Akteuer:innen und Stakeholder:innen dabei, das gemeinsame Ziel zu erreichen.
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Luisa Strelow freut sich, von dir zu hören: l.strelow@neusta.de
Andreas Wulfes freut sich, von dir zu hören: a.wulfes@neusta.de