Veröffentlicht 2. Oktober 2025

von Caren Brüggemann

Was bedeutet das Agentic Commerce Protocol (ACP) von OpenAI für Onlinehändler?  

OpenAI hat mit dem Agentic Commerce Protocol (ACP) ein neues Feature vorgestellt, das das Online-Shopping nachhaltig verändern könnte. Nutzer:innen sollen Produkte künftig direkt in ChatGPT finden, ansehen und kaufen können – ganz ohne den Umweg über klassische Shop-Oberflächen. Wir haben mit unserem KI-Experten Jörn Syrbe von team neusta darüber gesprochen, welche Chancen und Herausforderungen ACP für Händler:innen mit sich bringt. 

Frage: Was genau ist ACP eigentlich? 

Jörn Syrbe, KI-Experte bei team neusta: Wir sprechen hier über das Agentic Commerce Protocol (ACP) von OpenAI im Developer-Portal (👉 hier nachzulesen ).
Ganz wichtig: Dabei handelt es sich nicht um das von Cisco oder IBM vorgestellte Agent Connect Protocol bzw. Agent Communication Protocol, die ebenfalls mit ACP abgekürzt werden.   

Frage: Welche Kernfunktionen bringt ACP mit sich? 

Jörn Syrbe: Kurz gesagt: Die Nutzer*innen können Produkte in ChatGPT nicht nur suchen und finden –  sondern jetzt auch direkt im Dialog kaufen und bezahlen. Aktuell sind nur Einzelkäufe (Single-Item-Purchases) möglich. Ein echte Warenkorb-Funktion mit mehreren Artikeln soll später folgen. 

Frage: Und was bedeutet das für mich als Onlinehändler? 

Jörn Syrbe: ChatGPT wird im Grunde zum sprachgesteuerten Einkaufs-Interface. Ziel von OpenAI scheint es zu sein, dass Nutzer*innen ihre Einkäufe in Zukunft ohne klassische grafische Shop-Oberfläche abwickeln können – alles läuft im Dialog mit dem Chat.  

Frage: Werden meine Artikel automatisch gefunden? 

Jörn Syrbe: Nein, das passiert nicht automatisch. Händler müssen sich aktuell bei OpenAI bewerben, damit ihre Produkte in ChatGPT gelistet werden.  

Frage: Wie läuft Bestellung, Bezahlung und Lieferung konkret ab? 

Jörn Syrbe: Das läuft weiterhin über die bestehenden Systeme der Händler-Shops. ACP stößt lediglich die Bestellung im Shop-System an, sobald die Kundin oder der Kunde im Chat den Kauf bestätigt hat.  

Frage: Kommt der User dann überhaupt noch auf meinen Shop? 

Jörn Syrbe: Nein, tatsächlich nicht. Der gesamte Kaufprozess wird direkt in ChatGPT abgewickelt.  

Frage: Wie weiß ChatGPT, wohin das Produkt geliefert werden soll? 

Jörn Syrbe: Über Schnittstellen im ACP können Shops ihre Lieferadressen bereitstellen. ChatGPT empfängt diese Daten und kann sie dem Nutzer vorschlagen, mit der Frage: „Möchten Sie an diese Adresse liefern lassen?“  

Frage: Und wie wird die Zahlungsmethode ausgewählt? 

Jörn Syrbe: Das hängt am bestehenden Shop-System. Wenn dort bereits eine Zahlungsmethode hinterlegt ist, kann diese auch im Chat genutzt werden.  

Frage: Hat der:die Kund:in überhaupt die Möglichkeit, mein Produkt vor dem Kauf zu sehen? 

Jörn Syrbe: Ja. Die Schnittstelle unterstützt Bilder, Videos und sogar 3D-Objekte. Ein Produktbild ist dabei Pflicht. Zusätzlich können Produktbeschreibungen, Texte oder Q&A-Inhalte zur Verfügung gestellt werden – im Prinzip wie in einer klassischen grafischen Shop-Oberfläche.  

Frage: Abgesehen von den einzelnen Funktionen und Details – Ist diese Entwicklung denn aus ihrer Perspektive „neu“?  

Jörn Syrbe: Ja und nein. Die Umsetzung von OpenAI als eignes Protokoll ist neu und wird die Transition beschleunigen. Und die Nachricht an sich baut natürlich Druck auf, dass sich Onlinehändler damit beschäftigen.  
Der Trend war aber lange abzusehen. Die KI-Plattformen integrieren immer mehr Funktionen und Medien – erst Text, dann Audio und Video und die Suche nach den Schuhen von jemandem, von dem man gerade ein Foto gemacht hat. Konzepte wie F2C – als der Direkt-Verkauf „Factory to Consumer“ werden schon seit einiger Zeit diskutiert. Unsere eigenen Kollegen haben diese Trends für den Tourismus schon auf dem fvw Kongress im November 2024 vorgestellt. 
Also nein – das Thema ist nicht neu. Aber mit der Einführung der konkreten Tools steigt das Tempo für die Umsetzung. 

Frage: Was unterscheidet das Ganze eigentlich vom Shoppen mit Alexa? 

Jörn Syrbe: Da gibt es einige Unterschiede: Der Nutzer ist auf seinem Smartphone unterwegs – einem Gerät, das er ohnehin täglich für Online-Einkäufe nutzt. Im Gegensatz zu Alexa können Smartphone-Funktionen wie die Kamera eingebunden werden. Schon heute gibt es, wie gesagt, Use Cases, in denen Nutzer:innen ein Foto machen, etwa von den Schuhen einer vorbeigehenden Person, und ChatGPT fragen kann: „Coole Schuhe – welche sind das und wo kann ich sie kaufen?“. Mit ACP geht das ab sofort einen Schritt weiter: Diese Schuhe können nicht nur identifiziert, sondern auch direkt gekauft und bezahlt werden – ohne den Chat jemals zu verlassen und unabhängig davon, über welchen Shop der Kauf technisch abgewickelt wird. 

Frage: Wo wird diese Funktion zunächst angeboten? 

Jörn Syrbe: Die neue Commerce-Funktion von ChatGPT startet zuerst in den USA. Für Europa ist ein Rollout ebenfalls geplant, aber ein konkretes Startdatum hat OpenAI noch nicht bekanntgegeben.  

Frage: Wie kann ich mich als deutscher bzw. europäischer Onlinehändler darauf vorbereiten? 

Jörn Syrbe: Es lohnt sich auf jeden Fall, sich frühzeitig mit diesem neuen Trend zu beschäftigen. Nicht nur durch ACP werden sich das Online Such- und Shoppingverhalten der Kunden in Zukunft verändern. Über MCP-Schnittstellen und die Einbindung eigener Chat-Funktionen haben wir schon heute die Möglichkeit, den Usern ein Shop-Erlebnis mit Sprachinterface anzubieten. 
Wir von team neusta sind außerdem mit den gängigen E-Commerce Anbietern im engen Austausch, um unseren Kunden optimal dabei zu unterstützen und zu beraten, wann, wie und mit welchen Funktionen ihre Online-Präsenzen durch KI unterstützt werden können.  

Frage: Ok. Was ist also dein aktuelles Fazit?  

Jörn Syrbe: ACP hat das Potenzial, den Onlinehandel massiv zu verändern. Für Händler bedeutet es, dass ein bedeutender Teil der Customer Journey künftig in einer Chat-Oberfläche stattfinden könnte – und nicht mehr im klassischen Webshop. Man muss nicht jedem Trend sofort folgen. Aber wer hier früh dabei ist, kann sich ggf. einen wichtigen, strategischen Vorteil sichern. 


Dein Experte: Dr. Jörn Syrbe ist KI-Evangelist bei team neusta. Er erforscht und implementiert intelligente Systeme mit Fokus auf agentische Assistenten, maschinelles Lernen und symbolische KI. Unsere Kund:innen begleitet er von der strategischen KI-Beratung über die Konzeption bis zur praktischen ganzzeitlichen Umsetzung von KI-Lösungen.


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Jörn Syrbe freut sich, von dir zu hören: Buche einen Termin mit Ihm oder schreibe einfach eine E-Mail j.syrbe@neusta.de.

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