Designsystem

Veröffentlicht 28. August 2025

von Christos Zarampoukas

Designsystem vs. Design Library – wie viel Struktur braucht ein Projekt wirklich?

Designsystem vs. Design Library – wie viel Struktur braucht ein Projekt wirklich?

In der digitalen Welt ist ständig von „Designsystemen“ die Rede. Doch braucht wirklich jedes Projekt ein komplettes Designsystem, um eine gute UX zu erreichen? Besonders bei einem Website-Relaunch oder Rebrush liegt der Gedanke nahe, gleich umfassend zu starten. Unsere Erfahrung zeigt: Ein Mindestmaß an Struktur ist immer nötig – aber oft reicht eine Design Library als solide Grundlage.

Warum eine Design Library unverzichtbar ist

Eine Design Library ist vor allem für die Entwicklung relevant. Sie enthält wiederverwendbare UI-Komponenten, Styles und Variablen, die den Umsetzungsprozess vereinheitlichen und beschleunigen.
Ein Designsystem hingegen geht deutlich weiter: Es wird interdisziplinär genutzt – von Designer:innen, Entwickler:innen, Product Ownern und Redakteur:innen – und umfasst neben Komponenten auch dokumentierte Regeln, Guidelines und Prozesse.

Darum sollte zu Beginn eines Projekts geklärt werden:

  • Wer arbeitet später mit den Design-Ressourcen?
  • Wie hoch ist der Bedarf an langfristiger Skalierbarkeit?
  • Reicht eine modulare, entwicklungsorientierte Library – oder braucht es ein interdisziplinäres System?

So stellen wir sicher, dass Aufwand und Nutzen im richtigen Verhältnis stehen.

Warum Kunden oft ein Designsystem wollen – und was sie wirklich brauchen

Viele Kund:innen wünschen sich ein Designsystem, ohne die damit verbundenen Anforderungen zu kennen. Oft gilt es als „All-in-one“-Lösung, die alle Probleme löst – von Konsistenz im Design bis zur effizienten Skalierung. In der Praxis ist ein Designsystem jedoch ein eigenständiges Produkt: Es erfordert einen hohen Initialaufwand und muss kontinuierlich gepflegt werden.
Die regelmäßige Anpassung an neue Nutzerbedürfnisse und Produktentwicklungen bindet langfristig Ressourcen in Design und Entwicklung – ein Aspekt, der bei der Entscheidung unbedingt bedacht werden sollte.

Gute UX ohne Designsystem? – Ein Blick in die Küche

Gute UX ist auch ohne vollständiges Designsystem möglich. Ein Vergleich aus der Küche verdeutlicht das:

  • Designsystem = umfangreiches Rezeptbuch: Alles ist detailliert dokumentiert, vielseitig einsetzbar, aber zeit- und pflegeintensiv.
  • Design Tokens & Komponentenbibliothek = essentielle Zutaten: Klare Grundlagen wie Farben, Typografie oder Layouts, die flexibel kombiniert werden können.

Die Frage lautet also: Braucht man wirklich das komplette Rezeptbuch – oder reichen die richtigen Zutaten, um ein überzeugendes Ergebnis zu erzielen?

Wann reicht eine Design Library – und wann lohnt sich ein Designsystem?

Die Entscheidung hängt stark vom Projektkontext ab. Diese Übersicht hilft bei der Einordnung:

KriteriumDesign Library reicht ausDesignsystem ist sinnvoll
ProjektgrößeKleine bis mittelgroße Websites, Landing Pages, PrototypenGroße Plattformen, komplexe Web-Apps, Produktfamilien
Laufzeit & PflegeKurzfristige Projekte, einmalige AnpassungenLangfristige, kontinuierliche Weiterentwicklung
RollenHauptsächlich Entwickler:innenMehrere Disziplinen (Design, Entwicklung, Redaktion, PO)
SkalierungsbedarfGeringKontinuierliche Erweiterung um neue Features und Kanäle
UI-KomplexitätWenige, einfache KomponentenViele, wiederkehrende, komplexe Muster
DokumentationMinimal nötigUmfassende Guidelines und Governance
BudgetBegrenzte Budgets, schnelle UmsetzungKapazitäten für Pflege und Weiterentwicklung vorhanden

Unser Ansatz: In den meisten Projekten starten wir mit einer Design Library – als verbindliche Grundlage für die Entwicklung. Wächst das Projekt oder steigen die Anforderungen, kann daraus Schritt für Schritt ein vollständiges Designsystem entstehen.

Designsystem, Komponentenbibliothek oder Pattern Library?

Die Begriffe werden oft vermischt – deshalb eine kurze Abgrenzung:

  • Designsystem: Vollständiges Framework mit Tokens, Komponenten, Mustern und Dokumentation. Ideal für komplexe, langfristige Projekte.
  • Komponentenbibliothek: Sammlung von UI-Elementen, die Konsistenz sichern, aber weniger umfassend als ein Designsystem sind.
  • Pattern Library: Wiederkehrende Designmuster, die schnelle und konsistente Lösungen bieten, ohne die Tiefe eines Systems.

Websites als Grundlage für ein Designsystem

Wir empfehlen, Websites modular aufzubauen – mit Design Tokens und wiederverwendbaren Komponenten. Diese Basis ist skalierbar und kann bei Bedarf zu einem vollständigen Designsystem weiterentwickelt werden. So bleiben Aufwand und Kosten im Rahmen, während die nötige Flexibilität erhalten bleibt.

Klare Struktur statt Standardlösung

Designsysteme sind zweifellos wertvoll – aber nicht immer notwendig. In vielen Projekten genügt eine Design Library oder eine Pattern Library, um konsistente, benutzerfreundliche Ergebnisse zu erzielen. Wichtig ist, schon zu Beginn gemeinsam zu definieren, welche Strukturen wirklich gebraucht werden. Denn auch wenn „weniger“ oft mehr ist: Eine klare Grundlage ist Pflicht – und die lässt sich jederzeit ausbauen.


Dein Experte: Christos Zarampoukas ist UX/UI-Designer bei der Neusta Software Development mit Schwerpunkt auf nutzerzentrierter Gestaltung, systemischem Design und strategischer Markenkommunikation. Er begleitet Unternehmen und Agenturen bei der Entwicklung digitaler Produkte – von der konzeptionellen Struktur über die visuelle Gestaltung bis zur Implementierung in agilen Teams.


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Christos Zarampoukas freut sich von dir zu hören: c.zarampoukas@neusta.de.

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