Total Cost of Ownership für Software

Veröffentlicht 10. Oktober 2024

von Susanne Moog

Der wahre Preis der Software: Total Cost of Ownership (TCO) im Make-or-Buy-Prozess

Wenn Unternehmen vor der Entscheidung stehen, Software zu kaufen oder selbst zu entwickeln, wird oft nur der initiale Preis betrachtet. Doch hinter den offensichtlichen Kosten verbergen sich viele weitere Ausgaben, die langfristig den wahren Preis einer Softwarelösung bestimmen. Der Begriff, der diese Gesamtkosten umfassend beschreibt, ist die „Total Cost of Ownership“ (TCO).

Was versteht man unter der Total Cost of Ownership (TCO)?

Die TCO umfasst alle Kosten, die mit dem Erwerb, dem Betrieb und der Wartung einer Software über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg verbunden sind. Dabei geht es nicht nur um den Kaufpreis oder die Entwicklungskosten, sondern auch um versteckte oder indirekte Kosten, die oft übersehen werden. Diese können je nach Entscheidung – Make oder Buy – erheblich variieren und sollten in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Die Komponenten der TCO: Was sollte berücksichtigt werden?

1. Initiale Kosten

  • Make: Bei der Entwicklung von individueller Software fallen hohe Anfangsinvestitionen an, darunter Entwicklungs-, Design- und Infrastrukturkosten. Die anfängliche Investition kann sich jedoch langfristig amortisieren, wenn die Software effektiv und ohne hohe Folgekosten betrieben wird.
  • Buy: Die Kosten für den Kauf einer Standardsoftware umfassen meist Lizenzgebühren. Hier ist oft die initiale Investition geringer, da die Software bereits entwickelt ist.

2. Betriebs- und Wartungskosten

  • Make: Nach der Implementierung entstehen regelmäßig Wartungs- und Betriebskosten. Diese beinhalten das Beheben von Bugs, das Durchführen von Updates sowie die Bereitstellung von technischem Support und Sicherheitspatches.
  • Buy: Bei Standardsoftware umfassen die Betriebskosten häufig regelmäßige Lizenzgebühren sowie Kosten für Upgrades und Supportleistungen des Anbieters.

3. Personalkosten

  • Make: Der Bedarf an IT-Spezialist:innen zur Wartung und Weiterentwicklung der individuellen Software kann erheblich sein. Dies erfordert hochqualifizierte Mitarbeiter:innen, die für die ständige Optimierung und Betreuung zuständig sind.
  • Buy: Bei Standardlösungen fallen oft geringere Personalkosten an, da viele Wartungsarbeiten vom Anbieter übernommen werden. Allerdings können Kosten für Schulungen des Personals entstehen, um die Software effizient zu nutzen, da diese nicht exakt an die Prozesse des Unternehmens angepasst werden können.

4. Kosten der Anpassung und Integration

  • Make: Individuelle Software kann exakt an die bestehenden Systeme und Geschäftsprozesse angepasst werden, was die Integration erleichtern, aber auch teure Schnittstellenentwicklung erfordern kann.
  • Buy: Bei Standardsoftware kann die Anpassung an spezifische Geschäftsprozesse und die Integration in bestehende Systeme kostspielig und komplex werden, da diese Lösungen oft nicht perfekt auf die individuelle IT-Landschaft zugeschnitten sind.

5. Upgrade- und Skalierungskosten

  • Make: Mit wachsendem Unternehmen müssen oft neue Funktionen entwickelt werden. Diese Flexibilität führt jedoch zu zusätzlichen Entwicklungs- und Wartungskosten, da Erweiterungen komplex sein können.
  • Buy: Standardsoftware wird vom Anbieter regelmäßig aktualisiert, was in der Regel im Lizenzmodell enthalten ist. Allerdings können erhebliche Kosten anfallen, wenn die Software nicht mehr ausreichend skaliert oder für zukünftige Anforderungen nicht geeignet ist – ein Wechsel einer „Buy“-Software ist im Vergleich meist deutlich teurer als Skalierungsanpassungen bei „Make“.

6. Kosten durch Ausfallzeiten

  • Make: Maßgeschneiderte Software kann durch exakte Anpassung an die Geschäftsprozesse die Ausfallzeiten minimieren. Gleichzeitig besteht jedoch das Risiko, dass bei Problemen keine schnellen Lösungen von Dritten angeboten werden können.
  • Buy: Bei Standardlösungen können Ausfallzeiten durch Anbieterfehler oder Systemwartungen entstehen. Anbieterabhängigkeit kann hier zu unvorhergesehenen Störungen führen – Wartungsfenster können häufig nicht beeinflusst werden.

7. Sicherheitskosten

  • Make: Die Entwicklung und Wartung einer sicheren Softwareumgebung liegt in der Verantwortung des Unternehmens und kann erhebliche Kosten für Sicherheitsprüfungen und den Schutz vor Cyberbedrohungen verursachen.
  • Buy: Standardsoftware wird häufig durch den Anbieter gewartet und gesichert. Jedoch kann auch hier zusätzlicher Aufwand entstehen, um spezifische Sicherheitsanforderungen des Unternehmens zu erfüllen. Die Sicherheit einer Standardsoftware ist oft eine Frage des  Vertrauens in den Anbieter, weil diese meist nicht durch den:die Anwender:in geprüft werden kann.

TCO-Vergleich: Make vs. Buy – ein praxisnaher Überblick

Fallbeispiel: Kleinunternehmen (Buy) vs. Großunternehmen (Make)

Ein kleines Unternehmen könnte sich aufgrund begrenzter Ressourcen für eine Standardsoftware entscheiden, da die initialen Anschaffungskosten geringer sind und weniger Fachpersonal für die Wartung benötigt wird. Die langfristigen Lizenzkosten könnten jedoch erheblich werden, insbesondere wenn das Unternehmen wächst und zusätzliche Funktionen oder Module erforderlich werden.

Im Gegensatz dazu könnte ein Mittelständler oder ein Großunternehmen, das spezielle Anforderungen hat, von einer maßgeschneiderten Lösung profitieren. Trotz der hohen Anfangsinvestitionen amortisieren sich die Kosten langfristig, da die Software genau auf die Bedürfnisse zugeschnitten ist und keine unnötigen Lizenzgebühren anfallen. Allerdings sind die Wartungskosten und der Bedarf an internem Fachpersonal zu berücksichtigen.

Wie berechnet man die TCO für das eigene Unternehmen?

Um die TCO genau zu berechnen, sollten Unternehmen folgende Schritte unternehmen:

  1. Kostenaufstellung erstellen: Alle direkten und indirekten Kosten, die während des Lebenszyklus der Software anfallen, sollten aufgelistet werden.
  2. Zeitraum festlegen: Es ist wichtig, einen klaren Betrachtungszeitraum festzulegen, z. B. fünf oder zehn Jahre, um die Kosten über die gesamte Nutzungsdauer hinweg zu erfassen.
  3. Risikofaktoren einberechnen: Risiken wie Ausfallzeiten, unvorhergesehene Integrationsprobleme oder Sicherheitslücken müssen in die Kalkulation einfließen.
  4. Vergleich anstellen: Die TCO beider Optionen (Make und Buy) sollten detailliert verglichen und gegen die spezifischen Bedürfnisse und Zukunftspläne des Unternehmens abgewogen werden.

Fazit: Die TCO als Entscheidungsinstrument

Die Betrachtung der Total Cost of Ownership hilft Unternehmen, die langfristigen finanziellen Auswirkungen einer Softwarelösung besser zu verstehen und realistische Budgetplanungen vorzunehmen. Unternehmen sollten sich nicht nur von den initialen Kosten leiten lassen, sondern auch die Folgekosten sowie die spezifischen Anforderungen ihrer Branche und Wachstumspläne berücksichtigen.

Die Berechnung der TCO kann der Schlüssel zu einer fundierten Make-or-Buy-Entscheidung sein und dazu beitragen, langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Checkliste für die Berechnung der TCO

  1. Erfassung der Anschaffungskosten (Lizenzgebühren, Entwicklungsaufwand, Hardwareanforderungen)
  2. Bewertung der laufenden Betriebskosten (Support, Wartung, Hosting)
  3. Ermittlung der Personalkosten (IT-Support, Schulungen, Entwickler:innen)
  4. Analyse der Anpassungs- und Integrationskosten
  5. Schätzung der Upgrade- und Skalierungskosten
  6. Berücksichtigung von Sicherheits- und Compliance-Anforderungen
  7. Identifizierung potenzieller Ausfallzeiten und ihrer Kosten
  8. Langfristige Planung der Erweiterungen und zukünftigen Bedürfnisse


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