Digitale Souveränität

Veröffentlicht 9. Oktober 2025

von Thorsten Greiten und Germar Wintzek

5 Fragen an Peter Sager, CEO der net.DE AG: Warum digitale Souveränität entscheidend ist

Digitale Souveränität ist längst mehr als ein Schlagwort – sie entscheidet über Handlungsfähigkeit, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Peter Sager, CEO der net.DE AG, erklärt im Gespräch, wo die größten Abhängigkeiten liegen, welche Rolle Open Source spielt und warum digitale Resilienz in den nächsten Jahren unverzichtbar wird.

Viele reden über digitale Souveränität – was bedeutet das für dich konkret?

„Digitale Souveränität ist für uns und unsere Kunden ein zentrales Ziel. Im Kern geht es darum, die Kontrolle über die eigenen digitalen Ressourcen zu behalten. Stell dir vor, du baust ein Haus, überlässt aber jemand anderem die Entscheidung, wann der Strom fließt – das will niemand. Wir setzen deshalb auf eigene Rechenzentren und Infrastruktur in Deutschland. So stellen wir sicher, dass weder US- noch chinesische Konzerne oder politische Entscheidungen unsere Handlungsfähigkeit einschränken. Unsere Kunden wissen jederzeit, wo ihre Daten liegen und wer Zugriff hat.“

Trotz aller Diskussionen setzen selbst Behörden und Konzerne weiterhin auf US-Cloud-Dienste. Warum ist es so schwer, europäische Alternativen konsequent zu nutzen?

„Machen wir uns nichts vor: Die großen US-Hyperscaler haben technologisch und durch den Einsatz gigantischer Ressourcen einen enormen Vorsprung – auch begünstigt durch günstige politische Rahmenbedingungen. Europa hat hier schlicht zu lange geschlafen.

Diese Anbieter haben umfassende Ökosysteme für Cloud-Dienste geschaffen, in die viele Entwicklerumgebungen eng eingebunden sind. Wer schnell starten will, hat damit sofort erste Ergebnisse – landet aber auch in einer Lock-in-Situation. Datenschutz-, Verfügbarkeits- und Kostenrisiken werden dabei oft ausgeblendet. Damit sich etwas ändert, brauchen wir deutlich mehr politische und finanzielle Anreize, um europäische Alternativen konkurrenzfähig zu machen.“

Ihr bietet Server- und Hosting-Lösungen aus Deutschland an. Wo siehst du aktuell die größten Abhängigkeiten – und wie können Unternehmen diese Schritt für Schritt abbauen?

„Die größten Abhängigkeiten sehe ich bei Cloud- und SaaS-Lösungen aus den USA. Viele Unternehmen greifen noch immer darauf zurück, obwohl es längst europäische Alternativen gibt.

Der Ausweg ist eine klare Strategie: nicht alles auf einen Anbieter setzen, sondern Alternativen aufbauen. Ein guter Start ist eine Hybrid- oder Multi-Cloud-Strategie. So kombiniert man die Vorteile beider Welten und behält zugleich mehr Kontrolle. Der Umstieg muss nicht von heute auf morgen passieren. Wer schrittweise europäische Anbieter integriert, macht den entscheidenden ersten Schritt in Richtung Unabhängigkeit und digitale Souveränität.“

Welche Rolle spielt Open Source aus deiner Sicht?

„Open Source ist der Baukasten der digitalen Welt – flexibel, transparent und selbstbestimmt. Aber man darf sich nicht täuschen: Open Source ist nicht kostenlos. Man braucht erfahrene Entwickler und Administratoren, die aus den Bausteinen fertige Lösungen machen. Der Vorteil ist enorme Freiheit.

Wir geben gefundene Bugs oder Fixes konsequent in die Community zurück. Das schafft echten Mehrwert. Proprietäre Software kann schnell zur Blackbox werden, deren Preise sich einfach verdoppeln, wenn ein Anbieter verkauft wird. Open Source wird Microsoft, Google oder Amazon nicht komplett ersetzen. Aber in vielen Bereichen hat es längst bewiesen, dass es mithalten kann – und trägt so erheblich zu mehr digitaler Souveränität bei.“

Wenn wir fünf Jahre nach vorne schauen – welche Entwicklungen erwartest du beim Thema digitale Resilienz?

„Digitale Resilienz wird in den kommenden Jahren ein absolutes Must-have – so selbstverständlich wie der Internetanschluss. Unternehmen müssen in der Lage sein, sich schnell an Veränderungen und Krisen anzupassen. Wer sich nur auf einen US-Cloud-Anbieter verlässt, steht im Ernstfall ohne Backup da.

Die Multi-Cloud wird sich deshalb nicht nur als Trend, sondern als Notwendigkeit etablieren. Unternehmen, die heute die richtigen Tools aufbauen und ihre Datenstrategie vorausschauend gestalten, sind für die digitale Zukunft bestens gerüstet – und schlafen ruhiger, selbst wenn die Technik einmal ausfällt.“


Deine Experten: Germar Wintzek (51) ist Senior Account Manager & Berater bei team neusta und betreut seit 2019 Branchengrößen wie Rheinmetall oder Heckler & Koch. Dipl.-Kaufm. Thorsten Greiten (52) studierte BWL mit den Schwerpunkten Steuerlehre und Wirtschaftsinformatik an der Universität Mannheim. Er ist seit 09/2024 als Geschäftsführer bei NetFederation Teil der team neusta Gruppe und fachlich verantwortlich für den Bereich Digitale Finanz- und Krisenkommunikation. Seit 2022 betreut er als Lektor im Department Digital Business und Innovation für die Fachhochschule St. Pölten die Vorlesungsreihe „Computational Thinking“ . Der Antrieb beider Autoren: Gestaltung und Transformation der digitalen Zukunft.


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Germar Wintzek (g.wintzek@neusta.de) und Thorsten Greiten (thorsten.greiten@net-federation.de) freuen sich, von dir zu hören.

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